Spiegel-Online stimmt Leser auf Iran-Angriff ein

Von Werner Schlegel

Der Spiegel, den der Schriftsteller Peter Paul Zahl schon in den frühen 80er Jahren als ?Bild am Montag? bezeichnete, befindet sich auf  Irankriegskurs. Möglichst unauffällig versucht er, seine Leser darauf einzustimmen. Hier ein unauffälliger Nebensatz, dort eine ?zufällige? Bemerkung in einem Artikel, so geht das schon seit mehreren Wochen. Die Online-Ausgabe (also das Internet-Kampfmagazin der deutschen Neoliberalen) ist jetzt ganz deutlich geworden: ?Denn nach dem Ende der Atom-Verhandlungen ist ein Angriff auf Iran – sei es durch die USA oder Israel – zumindest nähergerückt.?

Nachzulesen am Dienstag, 4. April 2006, in dem Artikel ?Irans wundersame Superwaffen?. Der umfasst mit Vorspann immerhin 133 Zeilen und liefert das ideologische Fundament für den geplanten Angriff: ?Eine für das Radar unsichtbare Rakete mit Mehrfach-Sprengkopf, die möglicherweise auch Nuklearsprengköpfe tragen könnte, wäre in erster Linie ein politischer Sprengsatz: Sie könnte den alten Traum der Atomkriegs-Strategen wahr machen, den Gegner zu treffen, ehe er seine eigenen Raketen losschicken kann.“
So wird die iranische Propagandaankündigung, man habe eine für das feindliche Radar schwer zu ortende Abwehrrakete entwickelt, zur Atomangriffsplanung umsuggeriert. Damit es auch der letzte Dummkopf versteht, folgt ein Zitat: ?Die Reaktion aus Israel kam prompt: ?Viele Staaten teilen die Besorgnis über Irans aggressives Atomwaffenprogramm und seine Bemühungen, parallel dazu Marschflugkörper und ballistische Raketen zu entwickeln?, sagte ein Sprecher des israelischen Außenministeriums. ?Die Kombination aus extremistischer Dschihad-Ideologie, Atomwaffen und Trägersystemen kann niemanden in der internationalen Gemeinschaft kalt lassen??.

Geschickt getarnt hinter einem Fremdzitat, mit dem man im Land der Dichter und (Juden) Mörder gleichzeitig an die verborgenen Schuldgefühle appelliert, kann man so den Kriegstreiber spielen, ohne sich direkt in diese Rolle zu begeben. Der entscheidende Satz fällt dann wieder fast beiläufig, im vorletzten Absatz, fünf Sätze vor dem Ende des Textes:  ?Denn nach dem Ende der Atom-Verhandlungen ist ein Angriff auf Iran – sei es durch die USA oder Israel – zumindest nähergerückt.?
Stellt sich nur noch die Frage,  was das Wörtchen „zumindest“ bedeuten soll. Inhaltlich ist es völlig überflüssig. „Näher gerückt“ würde genügen. Eigentlich kann es nur eines bedeuten: Der Angriff auf die iranischen Atomanlagen ist mehr als nur „näher“ gerückt – er steht kurz bevor.
Tatsächlich ist die Zeit dafür „günstig“. Die Bushjunta ist so unpopulär wie nie zuvor in den USA, für Tony Blair gilt in Großbritannien das Gleiche.  Dax und Dow Jones haben eine Höhe erreicht, wie zuletzt vor dem 11.9.2001. Da gibt es für die globale Finanzmafia kaum mehr etwas zu verdienen. Es müsste erst wieder zu einem massiven Einbruch auf den Aktienmärkten kommen. Ein Iranangriff würde ihn mit Sicherheit auslösen.  Massiv genug einerseits, damit sich das Einsteigen danach wieder lohnt. Und doch nicht stark genug („Politische Börse hat kurze Beine“, lautet eine alte Spekulantenerkenntnis), um eine wirklich enrsthafte Gefahr für die Finanzmärkte zu beinhalten. Last not least würde die im Juni beginnende Fußball-WM einen Angriff Ende April, Anfang Mai rasch aus den Medien verdrängen.
Da passen dann auch die merkwürdigen Antiradarübungen vor der Nordseeküste, von denen die deutsche Luftwaffe angeblich nichts weiß, ziemlich gut ins Bild. Sie sorgten in der vorletzten Woche zum zweien Mal stundenlang für nicht vorhandene Wolken auf den deutschen Wetterradars. Demnächst, steht zu befürchten, werden sie wohl das iranische Radar verdunkeln.