Unabhängiges Strahlenmessnetz: Bundesamt für Strahlenschutz zieht gleich und gibt Messdaten frei

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Offenbar aufgrund der Berichterstattung über unterdrückte Strahlendaten und der Konkurrenz durch ein unabhängiges Strahlenmessnetz reicht das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) die Messwerte seiner Strahlen-Messstellen nunmehr ungefiltert an die Bürger weiter.
Erst geriet der Deutsche Wetterdienst in die Schlagzeilen, der seine Wetterstationen ermahnt hatte, ihre Radioaktivitätsmessdaten nicht zu veröffentlichen. Diese dürften vielmehr ausschliesslich an das Bundesamt für Strahlenschutz weitergegeben werden. Denn nur dort, so erklärte der Pressesprecher des DWD, stünden auch Experten bereit, „die Messergebnisse bewerten und entscheiden können, ob eventuell Gefahren für die Bevölkerung bestehen oder nicht.“

Dann berichtete das Wissenschaftsmagazin „Nature“, dass die Messstellen der internationalen Überwachungsorganisation für Atomtests CTBTO* in Wien keine Daten der japanischen Strahlenwolke veröffentlichen dürften. Die CTBTO dürfe nur Daten von Atomtests veröffentlichen, nicht aber von zivilen Atomunfällen.

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Schliesslich rief ich aus all diesen Gründen zusammen mit zwei Entwicklern öffentlichkeitswirksam ein unabhängiges Strahlenmessnetz ins Leben, das nach dem Wiki-Prinzip Daten erhebt und ungefiltert weiterreicht.

Obwohl die Zahl der Messstellen dieses Netzes natürlich noch bei weitem nicht an die des Bundesamtes für Strahlenschutz heranreicht und das Messnetz noch nicht voll funktional ist, geriet die Behörde damit unter Zugzwang. Nicht doch: Wie kann eine so grosse Behörde durch eine so kleine Initiative unter „Zugzwang“ geraten? Ganz einfach: Sollte das unabhängige Messnetz eine erhöhte Strahlung melden, das BfS aber (noch) nicht, stünde sofort der Verdacht der Datenunterdrückung im Raum. Das wäre dann wohl das Ende des Vertrauens in die staatlichen Messnetze. Der Behörde blieb so aus meiner Sicht keine andere Wahl, als mit ihren Daten so schnell wie möglich an die Öffentlichkeit zu gehen. Wobei zum Beispiel mir persönlich noch gar nicht klar, war, dass die BfS-Daten nur verzögert und „geprüft“ veröffentlicht werden.

Jedenfalls zog das BfS nun offenbar aus diesem Grunde gleich und entschied sich zu einem relativ spektakulären Schritt: Ab sofort werden die Daten seiner im Bundesgebiet 1800 Messstellen ungefiltert an die Bürger weitergereicht: „Um die Daten schneller weiterzugeben“, verzichtet das BfS nun „auf eine Prüfung der Daten vorab“, heisst es in den Datensätzen der einzelnen Messstellen. Es sei aber darauf hinzuweisen, dass es „bei ca. 1800 kontinuierlich messenden, automatischen Sonden… immer wieder vereinzelt zu Ausfällen oder technisch bedingten Fehlmessungen“ kommen könne. Daher könnten „bei Einzelwerten Fehler auftreten … während benachbarte Sonden keine Auffälligkeiten zeigen.“

Es geht also doch. Zuvor war eine Sprecherin des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS) noch zitiert worden: „Wenn der Laie nichts über die überall vorhandene Hintergrundstrahlung wisse, könne er nicht unterscheiden, ob der gemessene Wert auf diese natürliche Radioaktivität oder auf künstliche Strahlung zurückzuführen sei“.   

Einerseits will man mit der Massnahme sicher Vertrauen bei den Bürgern zurückgewinnen. Zum anderen will man damit aber auch dem hauseigenen Supergau vorbeugen: Dass nämlich ein unabhängiges Messnetz Strahlenbelastungen veröffentlicht, die vom BfS-Messnetz noch nicht gemeldet werden. 


*Comprehensive Nuclear-Test-Ban Treaty Organization, Organisation des Vertrags über das umfassende Verbot von Nuklearversuchen

Hier gehts zum neuen unabhängigen Strahlen-Messportal (beta) 


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