Dokumentarfilm: Wir ernähren die Welt

 

„Also sowas würde ich nicht essen. Wir sagen:  Es ist nicht zum Essen, es ist nur zum Verkaufen.“
Philippe Cleuziou, Fischer (Bretagne, Frankreich)

 

Kritik zum Dokumentarfilm „We Feed The World“ von Erwin Wagenhofer

Von Thomas A. Hein

Vorgestern abend sah ich im Kino den Dokumentarfilm „We feed the world“ von Erwin Wagenhofer… ich bin noch immer tief berührt. Dieser Film rüttelt auf, macht wach. Wen hier nicht Traurigkeit und Wut zugleich packt, der hat sein Herz schon längst verkauft – und die Seele gleich dazu.

Ohne den üblichen Kommentar zeigt Wagenhofer die Lebensmittelkreisläufe auf unserem Planeten Erde. Die Produktion von Tomaten in Spanien, die Sojabohnen in Brasilien oder das Anpflanzen von Hybridsamen gepuscht durch die Hersteller von Gensaatgut in trauter Zweisamkeit mit den Regierungsverantwortlichen. Und er zeigt, wie dies alles langsam aber sicher unsere Lebensgrundlagen zerstört, wie es heute schon dazu führt, dass unsere Lebensgrundlagen auf dem Planeten Erde zerstört werden, dass hunderttausend Menschen täglich (!) verhungern. Wagenhofer vermittelt all dies in seinem Film ausschließlich mit den Aussagen der an diesen Prozessen beteiligten Menschen – ohne anklagende Kommentare, ohne Schuldzuweisungen. Die braucht es auch nicht. Denn die Sache ist klar: So geht es nicht mehr weiter. Wir zerstören uns selbst.

So ergreift mich immer wieder während des Films eine Traurigkeit und ich denke: Das kann doch nicht sein, das darf doch nicht wahr sein, wer lässt so etwas zu?, wie pervers sind wir Menschen eigentlich? – und es ist jetzt wirklich nicht so, als würde ich mich mit dieser Thematik nicht auskennen. Ich habe Umweltschutz studiert, beschäftige mich seit Jahren mit Nahrung, etc., doch Erwin Wagenhofer schafft es, uns mit seinem Film die Zusammenhänge glasklar vor Augen zu führen. Zusammenhänge, die nur einen Schluss zulassen: „Wir müssen anders leben“, um es mit den Worten Wagenhofers zu sagen. Dies ist die Antwort des engagierten Regisseurs darauf, ob der Film eine Botschaft habe – und Wagenhofer führt weiter aus: Wir können so sicher nicht weiterleben. Wir müssen anders leben, wir müssen anders essen, anders einkaufen, wir müssen andere Filme anschauen. Darum heißt der Film WE FEED THE WORLD nicht »They feed the world« – they, die Brabecks (Chef des Nestlé Konzerns, Anm. des Autors) und die Pioneers (Hersteller von Gensaatgut, Anm. des Autors) und wie sie alle heißen, die sind alle Teil unserer Gesellschaft, und das ist die Verantwortung, die wir übernehmen müssen, das liegt in diesem »wir« drinnen. Wir, wie Jean Ziegler sagt, die Zivilgesellschaft. Wir sind alle Konsumenten, wir gehen in Supermärkte, wir müssen essen, wir können bestimmen, das ist eine Macht! Wir wollen keine Tomaten zu Weihnachten, wir wollen keine Erdbeeren zu Weihnachten, wir wollen nicht, dass Lebensmittel dreitausend Kilometer dahergeschippert werden. Wir wollen nicht, dass unsere Tiere den brasilianischen und südamerikanischen Regenwald auffressen. Nur wir. Ja, wer denn sonst?

Dieser Film ist einer der wichtigsten Filme seit Jahren. Darum die Bitte: Jeder, der ihn gesehen hat und auch jeder, der ihn noch nicht gesehen hat: Erzählt es weiter, erzählt jedem, den Ihr trefft von diesem Film. Vielleicht kommt der Film dann sogar in die großen Kinos, denn momentan läuft der Film noch in den eher kleinen Programmkinos und erreicht nicht die Masse. Also: Weitererzählen, Film angucken und vor allem: handeln, aktiv werden, Konsequenzen aus dem Film ziehen.