„Verschwörungsscheiß“ wird Wahrheit: Google baute heimlich Wanzen in Alarmanlage ein

Am 9. November 2017 bekam ich eine merkwürdige Mail: „Ich finde furchtbar, was Sie für einen Verschwörungsscheiß in die Öffentlichkeit blasen. Ich habe Sie mal für eine integere, ernst zunehmende Person gehalten.“ Tja – dafür habe ich den Absender auch immer gehalten: einen der profiliertesten Bürgerrechtler der Republik, der den Datenschutzverein Digitalcourage ebenso gründete wie er den deutschen Big Brother Award verleiht, mit dem alljährlich die größten Schnüffler ironisch geehrt werden. Hab‘ ich was vergessen? Achja: Er soll auch Ehrenmitglied des Chaos Computer Clubs sein.

Auch der Deutschlandfunk ist natürlich ganz schlau: „Chemtrails, Flat-Earth und spionierende Rauchmelder“: Alles in einen Topf und den Stempel „Verschwörungstheorie“ drauf.  Doch leider ging das diesmal nach hinten los. Denn die Sache erweist sich als nur zu real…

Allzweck-Überwachungswaffe

Aber worum ging es denn nun eigentlich? Nun, ganz einfach: Im November 2017 hatte ich vor den seinerzeit zwangsweise in Wohnungen einzubauenden Rauchmeldern gewarnt und darauf hingewiesen, dass es sich dabei um undurchsichtige Technikplattformen handelt, in die man heimlich alles Mögliche einbauen kann – auch Wanzen: „Was würden Sie sagen, wenn man Ihnen einen Technikträger in die Wohnung setzen würde, in den Sie nicht hineinschauen dürfen, den Sie nicht selbst ein- oder ausschalten dürfen und der eine Funkverbindung nach außen sowie eine Stromversorgung für mehrere Jahre besitzt? Mit anderen Worten: eine vollkommen autarke, verplombte Hightech-Plattform, in die man im Prinzip alles einbauen kann, was man will, auch Mikrofone und Kameras, ohne dass Sie irgendetwas dagegen tun können? Also eine technische No-go-Area und eine Allzweck-Überwachungswaffe in Ihrem Wohnzimmer, in Ihrem Schlafzimmer und in Ihrem Kinderzimmer?“ (siehe auch verheimlicht – vertuscht – vergessen 2018, S. 238ff.).

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Heimlich Wohnungen verwanzt

In diesem Zusammenhang wies ich darauf hin, dass man die meisten dieser verplombten Rauchmelder weder entfernen, noch öffnen oder abdecken darf. Versucht man es doch, wird das von dem Gerät erkannt, und es schlägt Alarm. Was natürlich mit der Zuverlässigkeit begründet wird. Man kann das aber auch anders verstehen: Nämlich als unangreifbares abgeschottetes Technik-UFO an der Zimmerdecke – „Verschwörungsscheiß“ eben. Doch siehe da: Nun stellte sich heraus, dass Google Spiegel Online zufolge heimlich ein Mikrofon in seine Alarmanlage Nest Guard eingebaut und damit de facto die Wohnungen der Nutzer verwanzt hat (20.2.2019). Das Ding sieht ebenfalls aus wie ein UFO und damit einem Rauchmelder sehr ähnlich. Nur von einem Mikrophon war bisher nicht die Rede: Laut Spiegel Online stand lange Zeit nichts davon in der technischen Beschreibung von Nest Guard. Und der businessinsider schrieb:

Anfang Februar kündigte Google an, dass der Google Assistent nun mit seinem Haussicherheits- und Alarmsystem Nest Secure arbeiten würde. Das Problem – die Benutzer wussten zunächst nicht, dass in ihren Nest-Sicherheitsgeräten überhaupt ein Mikrofon vorhanden war.“

Das bedeutet: Google hat seinen Kunden erst jetzt, anderthalb Jahre nach Erscheinen des Geräts Ende 2017, transparent gemacht, dass darin ein Mikrofon steckt“, so wiederum Spiegel Online.

Ein kleines Versehen

Achja, das Mikrofon! Das haben wir ja glatt vergessen, so daraufhin Google sinngemäß. Aber keine Sorge, Leute: „Das eingebaute Mikrofon sollte nie ein Geheimnis sein und hätte in den technischen Daten aufgelistet werden sollen. Das war ein Versehen unsererseits“, zitierte der businessinsider einen Google-Sprecher.

Schlechte Kommunikationspolitik“, mäkelte Spiegel Online mild. Nun, so kann man es natürlich auch sehen. Oder auch so: Da kein Normalverbraucher Einblick in diese „Black Boxen“ hat, können die Hersteller (oder wer auch immer) in diese Wundertüten einbauen, was sie wollen. Wer weiß, was man demnächst sonst noch alles in derartigen Technik-Plattformen findet. Soviel für Heute zum Thema „Verschwörungsscheiß“.

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