MH17-Abschlussbericht: Es bleibt bei alten Leichen

Nun ist es also raus: Laut dem Abschlussbericht der niederländischen Untersuchungsbehörde wurde Flug Malaysian Airlines MH17 von einer russischen Rakete abgeschossen. Damit bleibt man Russland hart auf den Fersen. Nun fehlt nur noch der letzte Baustein: der »Beweis«, dass die Rakete auch von prorussischen Rebellen abgeschossen wurde. Aber stimmt das alles auch? Gerhard Wisnewski hat den Untersuchungsbericht gelesen…

 

Auf den ersten Blick sieht das Ganze sehr gut aus: 279 sorgfältig gelayoutete und übersichtlich aufbereitete Seiten, jede Menge Daten, Grafiken und Kurven und überdies gut zu lesen. Die Menge des Textes, die freundliche Farbgebung und Übersichtlichkeit signalisieren Klarheit und Transparenz. Kurz: Im ersten Moment wirkt das Dokument beeindruckend: der Abschlussbericht über den Absturz von Flug Malaysian Airlines MH17 am 17. Juli 2014 über der Ost-Ukraine. Also rein zufällig an Angela Merkels 60. Geburtstag.

 

Alles andere als neutral

 

Natürlich kann man hier nur Teile des Dokuments besprechen. Aber so viel sei gesagt: In Wirklichkeit ist der Abschlussbericht alles andere als glaubwürdig. Da wäre zunächst die Tatsache, dass die Untersuchung keineswegs neutral war. Im Untersuchungsteam stand Russland den USA, Großbritannien, Australien, der Ukraine und den Niederlanden gegenüber. Also dem Kern der »westlichen Gemeinschaft« und den Widersachern im Konflikt um die Ukraine, die Krim und den angeblichen Abschuss des Fluges MH17 der Malaysian Airlines.

 

Die USA und Großbritannien sind die Führungsmächte des angloamerikanischen Imperiums, Malaysia ist eine ehemalige britische Kolonie, die Ukraine ist ein westlicher Verbündeter und ein erbitterter Feind Russlands, die Niederlande sind EU- und NATO-Mitglied. Die Bergung der Trümmer wurde vom niederländischen Verteidigungsministerium organisiert, war also eine militärische Operation eines NATO-Staates.

 

Der Vorsitzende der niederländischen Untersuchungsbehörde, Tjibbe Joustra, der den Bericht auch unterschrieb, war vorher Nationaler Koordinator für Terrorismusbekämpfung (NCTB) der Niederlande und arbeitete mit Spezialisten aus Nachrichtendiensten, Zoll und der Royal Military Police zusammen – also ein Mann mit vielfältigen Geheimdienstverbindungen.

 

Mit anderen Worten haben wir es bei der Hochglanzbroschüre also mit einem Propagandapapier zu tun, auch wenn es auf den ersten Blick nicht so aussieht. Dass bei der Untersuchung etwas anderes herauskommen würde als der Abschuss der Boeing 777 durch eine russische Rakete, war daher kaum zu erwarten. Und von da aus ist es nur noch ein kleiner Schritt, Russland direkt für den Abschuss verantwortlich zu machen.

 

Ein seltsames Ritual

 

Aber wir wollen einmal nicht vorschnell urteilen. Schließlich enthält der Bericht weitaus mehr Informationen als der hier bereits kritisierte Zwischenbericht, der sich über eine Reihe von Themen auffällig bedeckt hielt. So gibt es diesmal einen größeren Abschnitt über die Leichen, die an der Absturzstelle gefunden wurden.

 

Demnach wurden diese identifiziert und obduziert. Dabei wird jedoch ein seltsames Ritual beschrieben. So seien für eine DNS-Untersuchung in Donezk, Ukraine, elf Leichen Teile der Rippen entnommen worden, was den lokalen Gepflogenheiten entsprochen habe, so der Bericht. Danach sei entschieden worden, die Identifizierung in den Niederlanden durchzuführen. Aber warum ausgerechnet elf Leichen? Und warum Teile der Rippen? Wenn, dann müssten wohl allen geborgenen Toten und Überresten DNS-Proben entnommen werden.

 

Darüber hinaus können Leichen anhand der DNS eines beliebigen Körperteils identifiziert werden, nicht nur der Rippen. In Wirklichkeit scheint dies auch kein sehr weit verbreitetes forensisches Verfahren zu sein. Die Zeichenfolge »DNA aus der Rippe« erbringt bei Google gerade mal zwei Treffer, im Plural (»aus den Rippen«) null Treffer. In Wirklichkeit scheint diese Methode regelrecht unbekannt zu sein.

 

Zerschmetterte Leichen

 

Während zahlreiche Passagiere multiple Brüche und Quetschungen aufwiesen, seien andere stark verbrannt gewesen. Noch genauer beschrieben wird der Zustand der Piloten, die teilweise an Kleidungsstücken zu erkennen gewesen seien. Demzufolge sollen am 17. Juli 2014 über der Ukraine zwei Pilotenteams an Bord gewesen sein. Der Kopilot von »Team A« zum Beispiel wurde demnach regelrecht zerschmettert; er soll zahlreiche Brüche des Schädels, der Wirbelsäule, des Beckens, der Arme und der Beine erlitten haben. In seinem Körper seien zudem über 120 Metallobjekte gefunden worden, beim Chefsteward seien es 100 gewesen. Die Metallobjekte werden als zentraler Beweis für den Abschuss mithilfe einer Rakete angesehen, die neben dem Cockpit explodiert sein soll.

 

Eine zentrale Lücke der offiziellen Version

 

Bleiben wir jedoch noch einen Moment bei den Leichen. Ausgerechnet ein zentraler Befund fehlt hier. So habe ich an dieser Stelle bereits berichtet, dass die Menschen in dem Wrack des so genannten Fluges MH17 schon länger tot waren. Zahlreiche Augenzeugen und auch Videodokumente berichteten von alten und verwesenden Körpern und von fehlendem Blut.

 

Deshalb wäre es natürlich besonders interessant gewesen, aus der fast 300-Seiten-Untersuchung etwas über den Todeszeitpunkt der Insassen zu erfahren – normalerweise ein zentraler Punkt jeder Todesermittlung und Obduktion. Gerade im Zusammenhang mit dem angeblichen Ablauf des Abschusses wäre dies ein wichtiges forensisches Datum gewesen. So hätte der Todeszeitpunkt der Opfer natürlich in etwa dem behaupteten Abschussdatum und -zeitpunkt der Maschine entsprechen müssen, um die offizielle Version auch gerichtsmedizinisch zu unterstützen. Todeszeitpunkt der Insassen und Abschussdatum der Maschine hätten übereinstimmen müssen.

 

Absolut oder relativ?

 

Der Abschlussbericht wartet in dieser Frage jedoch mit einem Ablenkungsmanöver auf, indem er die Frage nach dem absoluten Todeszeitpunkt (Zeit, Datum) mit der Frage nach dem relativen Todeszeitpunkt vermengt, nämlich wann die Insassen im Verlauf des Absturzes starben. Dies sei nicht zu ermitteln gewesen, so der Bericht. Aber in Wirklichkeit ist das weitaus weniger interessant als die Frage nach dem absoluten Todeszeitpunkt, also Datum und (ungefährer) Uhrzeit des Ablebens der Insassen: ob der forensisch ermittelte Todeszeitpunkt von Passagieren und Besatzung also überhaupt zu dem angeblichen Absturz- oder Abschussdatum 7. Juli 2014 15.20 Uhr MEZ passt.

 

Nach den zahlreichen Berichten über alte Leichen wäre es die erste Bürgerpflicht der Pathologen gewesen, diese Frage zu klären. Dem Todeszeitpunkt von Passagieren und Besatzung wird in der Broschüre erstaunlicherweise jedoch keine Aufmerksamkeit geschenkt. Bei keiner einzigen der 298 Leichen wurde demnach der Todeszeitpunkt bestimmt. Da diese Frage bei jedem Verbrechen jedoch zentral ist, um überhaupt einen Fall begründen zu können, ist dies ein gravierender und unerklärlicher Mangel des Berichts. Im Wesentlichen geht es dabei schließlich darum, ob Täter, Tatmittel und Opfer zur selben Zeit am selben Ort gewesen sein können, und ob das Opfer dabei starb.

 

Indem dieser zentralen Problematik in dem umfangreichen Untersuchungsbericht nicht einmal nachgegangen wird, wird damit auch der frühere journalistische Befund nicht widerlegt, dass es sich an Bord des angeblichen MH17-Fluges in Wirklichkeit um alte Leichen handelte. Und das ist eine äußerst vielsagende Lücke in der nunmehr offiziellen Abschlussversion.

 

Kein Fall in Sicht

 

Im Grunde könnte man hier einen Schnitt machen: Der behauptete Fall (Abschuss eines Flugzeuges mit einer Rakete und Mord an 298 Menschen) lässt sich somit nicht konstruieren. Zuerst müsste man die Gerichtsmediziner zum Nachsitzen schicken. Aber auch eine weitere tragende Säule der offiziellen Version vom Abschuss durch eine russische Rakete, nämlich die zahlreichen Geschossteilchen oder -splitter, die angeblich in den Wrackteilen der Maschine und vor allem in den Leichen der Piloten gefunden worden sein sollen, steht damit auf wackeligen Beinen.

 

In diesem Zusammenhang sucht man nämlich ein kleines Wörtchen in dem gesamten Bericht vergebens, und zwar »ante« (lateinisch für »vor«): Die gesamte Diskussion, ob der Beschuss der menschlichen Körper oder ihre Verletzung durch Raketenteile ante oder post mortem geschah, fehlt in dem Dokument vollständig. Warum? Da sich Wrack und Leichen teilweise wochen- bis monatelang in einem umkämpften Kriegsgebiet befanden, müsste diese Erörterung eigentlich breiten Raum einnehmen. Dass sie vollständig fehlt, kann nur heißen, dass diesem Thema hier lieber aus dem Weg gegangen wird – nämlich weil dann der ganze Fall zusammenbrechen würde.

 

Ein Gebiet ohne Moral und Regeln

 

Im Grunde genommen krankt die gesamte Untersuchung ja bereits daran, dass der angebliche Tatort nicht sofort abgeriegelt werden konnte, sondern sich tage-, wochen- und monatelang ungeschützt in einem Kriegsgebiet befand und damit bewussten und unbewussten Eingriffen ausgesetzt gewesen sein kann. Ein Kriegsgebiet ist tendenziell zudem ein Gebiet ohne jede Regel und Moral, auch wenn internationale Konventionen etwas anderes bestimmen. Jede der Parteien kann Wrackteile und Leichen nach Belieben manipuliert haben.

 

In den Tagen nach dem Unfall hätten nur Experten aus der Ukraine, Malaysia und Australien die Gelegenheit gehabt, die umkämpfte Absturzstelle in der Ostukraine zu besichtigen und zu fotografieren, heißt es in dem Abschlussbericht – also Personen mit eindeutigen Interessen.

 

Die niederländische Untersuchungsbehörde DSB konnte die Absturzstelle erst vier Monate später im Rahmen der Bergungsmission des niederländischen Verteidigungsministeriums besuchen. Die Bergung von Wrackteilen durch die Niederländer begann erst am 16. November, also fast auf den Tag genau vier Monate nach dem Absturz. Eine weitere Fundstelle konnte sogar erst am 20. März 2015 besucht werden. Wieder andere Wrackteile wurden erst zwischen dem 19. April und 2. Mai 2015 eingesammelt. Das heißt also: Bevor sie geborgen wurden, lagen die Wrackteile vier bis neun Monate in einem umkämpften Gebiet herum.

 

Verwesung und Verwitterung

 

Interessanterweise äußert sich der Bericht aber nicht zu den Bergungsdaten der Leichen. An keiner Stelle findet sich eine Angabe, wann denn die Toten geborgen wurden. Während es über die Bergung der Wrackteile einen eigenen Abschnitt gibt, sucht man einen solchen Abschnitt über die sterblichen Überreste der Insassen der Maschine vergebens. Warum? Sind diese etwa weniger wichtig? Tatsache ist: Auch viele Leichen lagen wochen- bis monatelang in dem Kriegsgebiet herum. Laut der österreichischen Zeitung Die Presse wurde die Suche nach den Toten erst Ende April 2015 beendet, also über neun Monate nach dem Crash: »In den vergangenen zwei Wochen sind noch zahlreiche sterbliche Überreste gefunden worden«, hieß es am 30. April 2015 in der Zeitung (online).

 

Nicht dass die Ermittler etwas dafür könnten – die Konsequenzen für die Untersuchung sind jedoch weitreichend. In dem Bericht des Dutch Safety Board ist davon aber nicht einmal die Rede. An keiner Stelle wird erwähnt, dass man es mit stark verändertem Untersuchungsmaterial zu tun hatte. Und zwar hauptsächlich durch Verwesung, Verwitterung, Tierfraß, Beschuss und möglicherweise Manipulation.

 

Im Grunde weiß also kein Mensch, woher die Geschossteile, die im Wrack, aber auch in den Leichen angeblich gefunden wurden, wirklich stammten: Tatsächlich von einem Raketeneinschlag in der Luft? Oder von Beschuss am Boden? Oder wurden sie der Untersuchung erst nachträglich durch Manipulation zugeführt? Wie gesagt waren Wrack und Leichen Tage, Wochen und Monate für wechselseitige Parteien verfügbar. Insbesondere für den Westen und die Ukraine. Nach ihrer Bergung waren sie für ein äußerst einseitig besetztes Untersuchungsteam verfügbar.

 

Daher ist auch fraglich, woher die Buk-Raketenteile stammen, die angeblich bei dem Wrack gefunden wurden. Eines der wichtigsten und spektakulärsten Ergebnisse bleibt jedoch die fehlende Bestimmung des Todeszeitpunktes bei den Leichen. Ein äußerst vielsagender Mangel. Damit wird es immer wahrscheinlicher, dass die Menschen an Bord von Flug MH17 tatsächlich schon länger tot waren, als das Wrack der Erde entgegen fiel. Denn sonst wäre das natürlich widerlegt worden…

 

Copyright © 2015 Das Copyright für die Artikel von Gerhard Wisnewski liegt beim Autor. Bildnachweis: Dutch Safety Board