Merkel: Das Ergebnis ist Krieg

Von Gerhard Wisnewski

Ich will mich nicht schon wieder loben, aber ich hatte es ja gleich gesagt. Außerdem gibt es schönere Anlässe, sich zu loben. Aber: Kaum ist Merkel im Amt, wird Deutschland in Windeseile in die Logik des künstlich konstruierten Kampfes der Kulturen hineingezogen. Bereits drei Tage nach  ihrem Amtantritt wurde Deutschland durch die „Entführung“ der BND-Agentin Susanne Osthoff aufgepeitscht. Kurz darauf folgte ein neuer Schock: Die Entführung des Diplomaten Chrobog. Seit einigen Tagen zittert die Republik um das Leben zweier im Irak entführter  Ingenieure. Diese Strategie der Spannung wurde bereits in vielen Ländern erfolgreich geprobt. Das Volk wird durch Angst und Spannung willfährig und manipulierbar gemacht und außerdem gegen einen echten oder vermeintlichen Feind aufgehetzt.

Mit ihrer verantwortungslosen, dummen und gemeingefährlichen Rede vor der Münchner Sicherheitskonferenz hat sich Merkel bedingungslos auf die Seite des Aggressors in einem eskalierenden internationalen Konflikt gestellt und Deutschland damit zur Kriegspartei gemacht. Damit hat sie nicht nur ihren Amtseid gebrochen, der da lautet, Schaden von Deutschland abzuwenden. Sondern dafür werden wir alle noch bezahlen müssen.

Aber offenbar ist es dem braven Zauberlehrling des Bush-Regimes egal, welcher Diktatur er dient. Prompt bekam sie jede Menge Streicheleinheiten. US-Kriegsminister Rumsfeld „schloß sich ihrem Standpunkt an“, dabei war es natürlich genau umgekehrt: Merkel machte den Diener vor den Vereinigten Staaten. „An die Rede von Frau Merkel wird man sich erinnern“, sülzte auch NATO-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer. Womit der Mann zweifellos Recht hat. Wie sich die Zeiten ändern: Noch vor gar nicht langer Zeit wurde Rumsfeld auf der Sicherheitskonferenz von Außenminister Fischer für seinen Kriegskurs abgewatscht. Rumsfeld war überhaupt nur nach Deutschland eingereist, nachdem ihm die Bundesanwaltschaft quasi freies Geleit zugesichert hatte.

In Wirklichkeit wird Deutschland von den Strategen des Kulturkampfes im Eiltempo in die Logik des inszenierten Krieges hineingezogen. Von den führenden Drahtziehern auf beiden Seiten platzierte Provokateure sorgen erstens für eine Riesenaufregung um ein paar ärmliche Hetzzeichnungen und zweitens dafür, daß daraufhin auf der anderen Seite tatsächlich Flaggen und Botschaften brennen. Die Medien sorgen mit Bildern von wutverzerrten Moslemgesichtern und passenden Headlines dafür, daß das Publikum so richtig aufgepeitscht wird. Lediglich der Vatikan bewahrt erstaunlich kühles Blut und nannte die dümmlichen Mohammed-Karikaturen laut Spiegel Online vom 4.2.06 eine „inakzeptable Provokation“. Zwar sparte der Vatikan auch nicht mit – berechtigter Kritik – an den gewaltsamen Reaktionen auf die Zeichnungen. Aber er machte doch klar, daß er nicht die Absicht hat, in diesem künstlich inszenierten Religionskrieg den Dummen zu spielen und wie gewünscht Partei zu ergreifen.“Tätliche oder verbale Intoleranz“ bedrohe immer den Frieden, hieß es laut Spiegel Online aus Rom.

Gut gebrüllt – auf soviel Weisheit hofft man bei der deutschen Bundeskanzlerin vergebens. Vielmehr geht es darum, die Vernunft endgültig durch das Gefühl abzulösen. Die westliche Weltöffentlichkeit soll von den künstlich entfachten Emotionen mitgerissen werden. Auch die besonnensten Naturen sollen jetzt endlich, wie es so treffend heißt, den Verstand verlieren. Dies ist eine sorgfältig geplante Agenda, die noch nicht an ihrem Ende angekommen ist. Zweifellos sind für Deutshchland noch weitere, angeblich muslimische Peitschenhiebe eingeplant, die das Volk endgültig auf seiten der USA in den Krieg treiben sollen.

Ein kreuzgefährlicher Termin ist natürlich die Fußballweltmeisterschaft. Kein anderer Anlaß würde sich eignen wie dieser, durch neue, vermeintlich islamistische Greueltaten Deutschland weiter in die Spirale der Emotionen und des Hasses hineinzutreiben. Deshalb: Meiden Sie die Fußball-WM und die von der Fußball-WM betroffenen Städte. Ob aber dieser oder ein anderer Termin von den Strategen der Eskalation gewählt wird: Diese Eskalation bleibt eine plumpe Inszenierung.

Deutschland hat mit Merkel an einem entscheidenden Wendepunkt der Geschichte einen historisch fatalen Kurs eingeschlagen, der für die gesamte Welt und natürlich fur uns Bürger der Bundesrepublik verheerende Folgen haben wird.

Und natürlich erhebt sich an dieser Stelle wieder einmal die Frage, wie die Frau überhaupt ins Amt gelangen konnte. Davon abgesehen, daß es durchaus in Frage steht, ob sie überhaupt recht- und verfassungsmäßig gewählt wurde (bitte Suchfunktion benutzen). Und – zweitens – davon abgesehen, daß sie im Bundestag mit einem denkbar miesen Ergebnis gewählt wurde, nach dem ihr 50 Abgeordnete der großen Kriegskoalition die Gefolgschaft verweigerten: Wissen Sie, welcher Name mir in diesem Zusammenhang in letzter Zeit komischerweise vermehrt einfällt?

Lafontaine! Wo ist eigentlich Lafontaine? Vielleicht habe ich etwas überhört, aber ich habe ihn in der Debatte um die bevorstehende Eskalation des Konfliktes und Krieges schmerzlich vermißt. Wenn Sie das Stichwort Lafontaine bei Google News eingeben, finden Sie Äußerungen Lafontaines zur Arbeitslosigkeit, zur AEG-Krise, zu Schröders Karriere bei Gasprom, aber praktisch nichts über Merkels Kriegskurs. Ist das nicht seltsam? Und wenn wir mal zurückblicken, dann müssen wir doch festellen, daß es nach der letzten Bundestagswahl zunächst mal eine linke Mehrheit gab, deren Bestandteile sich merkwürdigerweise jedoch standhaft weigerten, diese linke Mehrheit in eine Regierung umzusetzen.

Oder anders gesagt: Lafontaine hat zunächst das Lager der Kriegsverweigerer (also die SPD) mit seiner Linke/PDS gespalten und sich dann geweigert, mit der SPD zu koalieren. Bisher habe ich das für Prinzipintreue gehalten, aber jetzt bin ich mir nicht mehr so sicher. Auch die SPD mied ihren natürlichen Verbündeten seltsamerweise wie der Teufel das Weihwasser. Daß dies allein den Animositäten Schröder/Lafontaine zu danken ist, kann ich nicht glauben. Denn solche Animositäten spielen angesichts der normativen Kraft des Faktischen selten eine Rolle.  Das heißt: Beide Seiten weigerten sich, den eindeutigen Wählerwillen zu respektieren und in eine Koalition links der Mitte umzusetzen. Sie hätten es in der Hand gehabt: das sollte man nicht vergessen, wenn man demnächst die Leichen im und außerhalb des Irans, nicht zuletzt aber auf deutschen Straßen zählen wird.

Das Ergebnis dieser Verweigerung ist erstens Frau Merkel. Und zweitens der Krieg: Im Iran, im Nahen Osten, schließlich weltweit. Auch in unseren U-Bahnen und auf unseren Straßen.