Hugendubel zeigt Haltung: Bücher von Kopp bleiben im Programm

»Haltung zeigen!«, befehlen linke Gutmenschen tagaus, tagein. Dieser Aufforderung ist jetzt die Buchhandlung Hugendubel nachgekommen und weigerte sich, einem Zensuraufruf gegen Kopp-Bücher auf Twitter nachzugeben. Die Kopp-Bücher bleiben im Programm, stellte eine Sprecherin des Unternehmens klar: »Wir sehen uns als neutrale Buchhändler. Alle Titel, die von der Bundesprüfstelle freigegeben werden, möchten wir im Sinne der Presse- und Meinungsfreiheit anbieten.« Ob die Denunzianten diese Lektion in Sachen Demokratie wohl verstanden haben?

»Dank @C_Holler kam ich drauf, dass Hugendubel rechtsgerichtete Bücher vom Kopp Verlag anbietet. Ich hab nachgehakt«, schrieb ein Benjamin Köhler auf Twitter. »Schockiert über rechtsextremistische Bücher prominent ausgestellt im Ulmer Hugendubel. @Hugendubel_News, bitte zeigt Haltung!«, twitterte auch eine Emily Martin. Skandal, Skandal! Der 2016 mit Drogen aufgegriffene Grünen-Politiker Volker Beck pflichtete bei: »Wenn eine Buchhandlung das zu einem Teil ihres Sortiments erklärt, dann kaufe ich meine Bücher sicher woanders.«

»Hallo«, schrieb auch der besagte Claudius Holler, ehemaliger Spitzenkandidat der Piraten in Hamburg von oben herab an die Buchhandlung Hugendubel, »sicher ist es Ihrer Aufmerksamkeit entgangen, dass Ihnen auf Twitter Fragen zu Ihrer Auslage gestellt wurden. Da auch mich interessieren würde, warum rechtsextreme Bücher derart prominent platziert werden, trage ich das mal weiter und hoffe auf Ihr Feedback.«

 

Denunziationen vom »Hanebuebchen«

Da marschieren sie wieder, die Denunzianten: Statt »Kauft nicht bei Juden!«, heißt es diesmal: »Kauft nicht bei Rechten!« Was daraus wurde, wissen wir ja. Dass Buchhandlungen einfach Bücher verkaufen, wie sie wollen, geht da gar nicht. Es müssen dann schon die Bücher sein, die Emily, Claudius, Volker und Benjamin Köhler gefallen, der seine E-Mail-Adresse auf Twitter – nomen est omen ‒ »Hanebuebchen« nennt: Ein Buebchen … äh … Bürschchen, das sich auf Twitter selbstverliebt im Humphrey-Bogart-Stil präsentiert – mit Zigarette zwischen den dicken Schmolllippen. Um das Elend auf die Spitze zu treiben, ist »Hanebuebchen« auch noch Autor bei der Berliner Morgenpost, wo er sich umgehend in die Pose eines Retters der Demokratie warf und einen Denunziationsartikel über den Kopp-Verlag verfasste.

Was zwar ein Widerspruch in sich ist, einem Mann wie Köhler jedoch wohl nicht auffällt. »Wirbel um bei Hugendubel verkaufte Bücher vom Kopp Verlag«, bemühte er sich da einen Skandal heraufzubeschwören: »In etlichen Filialen von Hugendubel werden nationalistische Bücher vom Kopp Verlag angeboten.« Na sowas! Wobei was »nationalistisch« ist, wahrscheinlich Benjamin Köhler definiert.

 

Pose ist alles: Morgenpost-Autor Hanebuebchen alias Benjamin Köhler

Können Nazijäger selber Nazis werden?

Nur mal eine Frage: Kann man bei der Jagd auf vermeintliche Nazis eigentlich selbst zum Nazi werden? Kann man vor lauter Hatz auf vermeintliche Rechtsextreme eigentlich selber Nazi-Methoden anwenden, nämlich Denunziation, Diskriminierung und Diffamierung? Kurz nach der Machtergreifung 1933 gingen nämlich auch die Nazis auf unliebsame Bücher, Verlage und Autoren los. Im Verein mit einem Mob aus Denunzianten hetzte die gleichgeschaltete Systempresse gegen Autoren, Bücher und Verlage.

Von den Buchhandlungen verlangte man schon mal, Bücher bestimmter Verlage auszusortieren: »Umfangreiche Beschlagnahmeaktionen zur Sicherstellung sogenannten ›schädlichen und unerwünschten Schrifttums‹ fanden bereits ab 1933 statt. Betroffen waren Privatbibliotheken, Leihbüchereien, Verlage, Buchhandlungen, Antiquariate und Werksbibliotheken sowie die Bibliotheken verfolgter Organisationen …« (Wikipedia).

Schließlich fanden sich nicht weniger als 12 400 Titel und 149 Autoren auf der Liste. Besonders Jugendliche und Studenten ließen sich in den faschistischen Hype einspannen – und »fühlten sich gut dabei«. Denn es ging ja um eine gute Sache – oder etwa nicht? Aus damaliger Sicht ganz sicher, denn auch damals konnten gerade viele Jugendliche nicht über den Tellerrand hinausschauen.

 

Auch der Volksgenosse war ein Genosse

Heute drohen geschichtslose Gutmenschen und verblendete Ideologen bei ihrem irren Kampf gegen Nazis tatsächlich selber zu Nazis zu werden. Rein logisch betrachtet, kann, wer überall nur noch Rechte sieht, zwar selber nur linksradikal sein. Aber immerhin verstanden sich ja auch die »Nationalsozialisten« als links: Die NSDAP nannte sich »Arbeiterpartei«, und auch der »Volksgenosse« war ein Genosse. Und rein logisch betrachtet, kann, wer überall nur noch Feinde sieht, selbst nur paranoid sein (die oben erwähnten Herrschaften selbstverständlich ausgenommen). Und schließlich steht am Anfang jeder Verfolgung immer noch der Verfolgungswahn – ob nun im Dritten Reich, im Stalinismus, im Maoismus oder im Merkelismus, der ähnlich bizarre Züge trägt wie der Maoismus. Anders als der von den Briten gesteuerte Mao hat Merkel nur noch nicht zum Massenmord aufgerufen.

Jugendlicher Eifer gehört zu einer totalitären Bewegung jedenfalls dazu, denn in der jugendlichen Gruppenbegeisterung lassen sich junge Leute besonders leicht manipulieren ‒ ob nun in der 68er-Bewegung oder im Maosimus. Mao brachte die chinesische Jugend sogar dazu, Millionen Lehrer, Eltern und alte Leute zu massakrieren: Die »aufgehetzten Jugendlichen schlossen sich zu sogenannten Roten Garden zusammen. In der Folgezeit schwänzten die Jugendlichen Schulen und Universitäten, töteten und misshandelten zahlreiche Menschen, insbesondere Menschen mit Bildung (Lehrer, Ärzte, Künstler, Mönche, Parteikader)«, kann man selbst bei Wikipedia nachlesen. Denn Bildung ist nun mal der Feind jeder einseitigen Sichtweise und damit der Feind jeder Diktatur.

 

Bildungs- und Propagandaverlierer

Schon vergessen? Nein: nie gewusst. Denn solche marginalen Vorkommnisse und Mechanismen verschweigt der heutige Schulunterricht lieber oder behandelt sie nur am Rande. Denn schließlich steht derartiges Wissen dem nächsten Faschismus oder Maoismus im Wege. Ja, »die Erziehung zur Unmenschlichkeit vollzieht sich, ohne das gute Gewissen der Erzogenen zu beeinträchtigen«, hieß es in der Besprechung eines Buches über die Hitler-Jugend 1958 im Spiegel. »Der totalitäre Staat erzieht die Jugendlichen zu traditionellen Idealen … die er freilich für seine Zwecke korrumpiert hat …«

So lassen sich die jungen Bildungs- und Propagandaverlierer besonders leicht für den nächsten Faschismus oder Stalinismus einspannen. Denn dafür ist der Bildungsabbau schließlich da. Und so fangen selbsternannte linke Gutmenschen schon wieder an, Verlage, Autoren und Buchhandlungen wegen ideologisch unliebsamer Bücher zu melden und zu terrorisieren. Aber waren nicht auch die Nationalsozialisten »selbsternannte linke Gutmenschen«, die Deutschland und die Welt vor einer imaginären Gefahr retten wollten? Und waren es nicht Schüler und Studenten, die die ersten Bücher mit Begeisterung anzündeten?

 

Hugendubel zeigt Haltung

Und ob. Dass der junge Morgenpost-Autor auch nicht recherchieren kann, passt da ins Bild. Denn das von Köhler als Kopp-Buch genannte Werk Wenn die Deutschen wüssten heißt erstens Wenn das die Deutschen wüssten und ist zweitens nicht im Kopp-, sondern im Amadeus-Verlag erschienen. Ein Klick hätte genügt. Aber da ist man bei der Berliner Morgenpost wohl überfordert. Die gute Nachricht lautet aber: Die Buchhandlung Hugendubel nahm die Forderung »Zeigt Haltung!« ernst und ließ die Denunzianten auflaufen: »Hugendubel biete demgegenüber auch viele Titel an, ›die in andere politische Richtungen gehen‹«, zitierte Köhler in der Morgenpost wohl gezwungenermaßen eine Sprecherin: »Wir sehen uns als neutrale Buchhändler. Alle Titel, die von der Bundesprüfstelle freigegeben werden, möchten wir im Sinne der Presse- und Meinungsfreiheit anbieten.« Ob der Schreiberling diese Lektion in Sachen Meinungsfreiheit wohl verstanden hat, darf bezweifelt werden. Denn wie heißt es doch so schön: »Wenn der Faschismus wiederkehrt, wird er nicht sagen: ›Ich bin der Faschismus.‹ Nein, er wird sagen: ›Ich bin der Antifaschismus.‹«