Heldenkult um Impfstoff-„Erfinder“

Verherrlichung des Impfstoff-Pärchens (Quelle: Bild)

Pharma-Unternehmer Professor Ugur Sahin (55) soll der Held sein, der den Biontech-Impfstoff zusammen gerührt hat – gemeinsam mit seiner bezaubernden Gattin. Natürlich Migranten – was sonst? Und was für welche: Allein die Bilder dieses Pärchens machen schon richtig Appetit auf die Impfung. Das Ganze sieht aus wie ein provokatives Casting, nach dem Motto: Nehmt das – diese beiden Figuren sind eben keine Döner-Griller, sondern retten mit ihrem Impfstoff die Welt. Nichts gegen Döner-Griller, übrigens: Denn schließlich sind sie zu etwas nütze und stillen den Hunger. Aber der Aufbau dieses Impfstoff-Kochs zum Super-Helden macht schon nachdenklich. Das heißt: Sagte ich „Super-Held“? Nicht doch: Über einen Super-Helden geht die Propaganda ja weit hinaus, denn jetzt wird sein ganzes Leben verherrlicht, angefangen bei dem Haus, in dem er zur Welt gekommen ist. Zweifellos werden demnächst Pilgerfahrten dorthin angeboten.

Legendenbildung um das „Impfstoff-Genie“ (Quelle: Bild)

Es beginnt  jetzt eine Legendenbildung, wie sonst nur bei großen religiösen Führern – zum Beispiel das Wunder, wie Sahin als kleiner Junge einmal vor einem vorbeifahrenden Auto gerettet wurde. Denn siehe: „… Ugur Sahin ist der Impfstoff-Held“, schreibt die mittlerweile völlig abgedrehte Bild-Zeitung, „der den Wirkstoff Comirnaty entdeckte, der der Menschheit die Rettung vor dem Corona-Virus verspricht“. Amen. „Er wird die Menschheit retten“, weiß Bild zufolge auch der Bürgermeister von Sahins Geburtsort – etwas, was man zuvor nur Jesus, Mohammed und anderen religiösen Führern zugeschrieben hat. Und schon die haben es nicht geschafft, wie spätestens der Aufstieg von Professor Ugur Sahin zum neuen Impfstoff-Heiland beweist. Nicht zufällig erschien der Artikel am 23. Dezember, an dem sonst hauptsächlich Jesus-Geschichten veröffentlicht werden. Es ist also eine Weihnachtsgeschichte.

Dazu kommt der Mythos, wie Sahin den Impfstoff einst an einem einzigen Tag entwickelt haben soll. Denn siehe, da kam ihm eine Eingebung vom Himmel, und er rührte das heilsbringende Gebräu in nur wenigen Stunden zusammen, so das Wall Street Journal laut Business Insider vom 31. Dezember 2020.  Kurz und gut soll der Mann unantastbar gemacht werden. Gemäß dem Motto „Jeder macht die Propaganda, die er am nötigsten hat“, muss Sahin ja sehr viel Propaganda nötig haben. Aber warum? Wozu braucht er einen solchen pseudoreligiösen Schutzschirm? Steht es so schlimm um ihn und den sagenhaften Impfstoff…?

Er selbst will sich vorerst jedenfalls nicht impfen lassen. Auf die Frage in einer ARD–Extra–Sendung vom 21. Dezember 2020: „Wäre das nicht ein starkes Signal an alle, die ja jetzt noch zögern, die noch nicht bereit sind, sich impfen zu lassen, wenn Sie sich selber impfen lassen, nach dem Motto, schaut her, ich, der Entwickler, bin bereit, mich selbst zu impfen, damit könntet ihr alle sehen, wie sehr ich meiner Entwicklung vertraue?“, hätte es eigentlich  nur zwei mögliche Antworten gegeben:

  1. Natürlich habe ich mich schon geimpft
  2. Natürlich werde ich mich gleich morgen impfen
Mal ’ne Frage: Soll das der neue Stalin werden?

Und zwar ohne Zögern. Stattdessen stockte er einen Moment, um dann verräterisch herumzuschwurbeln: „Ja, wir, also, ich möchte mich, natürlich äh, liebend gerne auch, äh, impfen lassen, wir müssen nur sehen, dass wir die rechtlichen Grundlagen dabei befolgen, wir werden in den nächsten zwölf Monaten über 1,3 Milliarden Impfstoffdosen herstellen müssen, es ist wichtig, dass da keine Mitarbeiter ausfallen, und dementsprechend denken wir darüber nach, dass wir eine Möglichkeit finden, die rechtlich uns auch erlaubt, unsere Mitarbeiter zu schützen, aber das ist momentan noch in der Abklärung.“ Soso…