Hardliner Brzezinski: Schallende Ohrfeigen für Bush

Von Gerhard Wisnewski

Viele Jahre lang galt er als DER Hardliner in der US-Außenpolitik und einer der Lieblingsfeinde der Friedensbewegung: Präsidentenberater (Kennedy/Carter) Zbigniew Brzezinski. Doch nun hat auch er die Nase voll. In einem richtungweisenden Interview mit dem Stern gab er eine Reihe buchstäblich entwaffnender Antworten, die an Deutlichkeit kaum etwas zu wünschen übrig ließen. Brzesinski entlarvte das Iran-Geschrei, als das was es ist: „dumme und aufrührerische Demagogie“. Er sei „überhaupt nicht sicher“, daß Entscheidungen „rational getroffen werden.“

Brzezinski äußerte sich zu folgenden Themen:

Iran und Atomwaffen:

„Er ist selbst zwar kein notorisch aggressives Land, doch die meisten seiner Nachbarn haben Atomwaffen: Indien, Pakistan, Russland und Israel. Man kann verstehen, weshalb die Iraner glauben, diese Waffen unbedingt haben zu müssen. Man will ein Mittel der Abschreckung haben. Offenbar gilt dies auch in Teheran als Frage der nationalen Sicherheit. Ich glaube, letztlich wäre ein nuklearer Iran nicht gefährlicher als die Atommächte Indien oder Pakistan. Oder etwa Israel.“

Katz-und-Maus-Spiel des Iran mit dem Westen?

„Nein. Der gesamte Westen war ja eben nicht an dem Prozess beteiligt. Entscheidend ist: Die USA haben nicht teilgenommen. Ganz anders als etwa in Nordkorea. Dort sitzen die USA bei den Sechs-Parteien-Gesprächen faktisch mit am Verhandlungstisch. Und man redet sogar direkt miteinander. Beim Iran allerdings sehen sich die USA ja noch nicht einmal als Teil einer eventuellen Lösung. Es ist schon merkwürdig: Die iranische Regierung und ihr Präsident mit seiner obszönen Sprache sind in mehr oder weniger freien Wahlen gewählt worden. Das ist in Nordkorea ja ganz anders, wie wir wissen.“

Propaganda gegen den Iran:

„Verantwortliche Führer einer großen Demokratie wie die Vereinigten Staaten sollten sich nicht solch dummer und aufrührerischer Demagogie bedienen. Das muss letztlich zu Konflikten führen. Der Krieg im Irak müsste die Bush-Administration eigentlich genau das gelehrt haben.“

Krieg gegen den Iran?

Theoretisch ja. Aber die Folgen wären katastrophal. So wie jetzt im Irak. Der Krieg hat die Glaubwürdigkeit der USA zerrüttet, ihre Legitimität untergraben und stellt ihre moralische Überlegenheit infrage. Und der Irak ist ein verwüstetes Land. Es ist eine gescheiterte Besatzung. Und das dank der Entscheidungen einer kleinen Gruppe wahrer Gläubiger, die keinerlei Verantwortung für Fehler und sogar für Verbrechen übernimmt.

(…)
Wenn wir davon ausgehen könnten, dass solche Entscheidungen nach einer kühlen und rationalen Interessenabwägung erfolgen, dann kann es gar keine militärische Option geben. Aber ich bin eben überhaupt nicht sicher, dass Entscheidungen so rational getroffen werden.“

USA im Krieg/Iran grüßte Bedrohung der USA?

„Beides ist falsch. Noch nicht einmal zu Zeiten des Korea- oder des Vietnamkrieges haben amerikanische Präsidenten so etwas behauptet. Nein, all das entspringt einer Atmosphäre der Polarisierung, die durch eine falsche Darstellung der Realität regelrecht genährt wird. Sie trägt so zu einer Weltsicht bei, die Angst fördert und uns von anderen isoliert.“

http://www.stern.de/politik/ausland/560430.html?nv=ct_cb