Grass: Guten Tag, ich war bei der Waffen SS

Von Gerhard Wisnewski

Ein solches Timing macht neidisch. Der Erscheinungstermin von Günter Grass‘ Autobiografie „Beim Häuten der Zwiebel“ ist September 2006, das Buch dürfte also in diesen Tagen physikalisch auf den Markt kommen. Just da entfacht der Autor (und vermutlich auch der Verlag und seine Medienkontakte) einen Riesenwirbel um seine Mitgliedschaft in der Waffen SS. Das klingt natürlich erstmal brisant. Die Moralinstanz der deutschen Schriftstellerei, die in der Vergangenheit die Nazivergangenheit von Politikern angeprangert hat, selbst in der Waffen SS!

Voll Grass, sozusagen.

Zerknirschung sucht man bei Grass allerdings vergeblich. Warum auch. Punkt 1: Der „Mann“ war damals gerade mal 17. Punkt 2: Zu seiner SS-Mitgliedschaft hat er sich bereits kurz nach dem Krieg bekannt, und zwar gegenüber den Amerikanern.

Einen älteren Hut gibt es also gar nicht. Grass hat seine SS-Mitgliedschaft nicht direkt verschwiegen, er ist nur nicht dauernd damit hausieren gegangen, so nach dem Motto: Guten Tag, ich war bei der Waffen SS. Der ganze Rummel ist lediglich eine geschickte PR-Kampagne, die sich bereits bezahlt macht. Bei amazon macht sich das Buch schon auf den Weg in Richtung Platz 1. Und wie das mit unseren Medien nun mal ist, lassen sie wirkliche Skandale links liegen, um mit großem Getöse Scheinskandale zu entdecken. Ein Fernsehbeitrag jagt den nächsten, eine Sondersendung die andere. Was ganz so aussieht, als hätte die Sache schon in der Schublade gelegen. Der Autor bleibt entsprechend gelassen und treibt die Chuzpe auf die Spitze, indem er in einem Fernsehinterview erklärt, alles was er dazu zu sagen habe, stünde in seinem Buch. Punkt. Na, dann: Kaufen, und zwar mit dem obenstehenden Link. Wegtreten.