Folgt Vogelgrippe den Friedrich Loeffler-Filialen?

Von Gerhard Wisnewski

Gestern habe ich seit langer Zeit den ersten sauber recherchierten und eigenständig denkenden Artikel in Spiegel Online gelesen. Er beschäftigt sich mit der nach wie vor offenen Frage, wie bitte die Vogelgrippe nach Deutschland kam. Ungewohnt konsequent legt Spiegel Online den Finger in die Wunde: „Wie die Vogelgrippe nach Deutschland kam, ist weiter völlig unklar“, kann man da lesen.

Vielleicht kann ich noch etwas zur Aufklärung beitragen.

„Während Politiker und Veterinäre vor dem Beginn des Vogelzugs warnen, weisen Experten auf die Lücken der Erkenntnisse hin: Es scheint, als könnten wilde Gänse, Schwäne und Enten es nicht alleine gewesen sein“, so Spiegel Online. Das erste, was auffällt: Die Vogelgrippe ist in jeder Hinsicht ein epidemiologisches Rätsel. Was den Globus betrifft, so breitet sie sich nicht etwa in Zugrichtung der Vögel aus, also in Nord-Süd-Richtung, sondern in Ost-West-Richtung.  So findet beispielsweise zwischen Südafrika und Eurasien zwar ein reger Zugvogelaustausch statt, komischerweise aber kein Austauch der Vogelgrippe.

Rätsel über Rätsel.

Eine zweite Merkwürdigkeit besteht in dem „Flickenteppich“. Anders, als es zu erwärten wäre, weisen die Infektionsgebiete praktisch keinen Zusammenhang auf, sondern bestehen aus isolierten „Flicken“. Ein natürlicher Weg des Virus läßt sich so beim besten Willen nicht nachvollziehen. Sollten beispielsweise Vögel das Virus übertragen haben, müßte sich ihr Reiseweg wenigstens einigermaßen plausibel in infizierten Gebieten niederschlagen. Tut er aber nicht. „Wenn Wildvögel die hauptsächlichen Überträger wären, zum Beispiel zwischen China und Nigeria, dann würde man doch auf der Strecke dazwischen auch Ausbrüche erwarten“, sagt der Ornithologe Bert Lenten zu Spiegel Online.

„Auch beim Betrachten der Deutschlandkarte  drängt sich die Flickenteppich-Assoziation auf“, so Spiegel Online: „Rügen traf es als erstes, inmitten H5N1-freier Nachbarländer. Die betroffenen brandenburgischen Landkreise grenzen nicht eben an die Insel. Ostholstein liegt 150 Kilometer weiter westlich. Um gar an den Bodenseestrand von Überlingen oder das Mannheimer Rheinufer zu gelangen, muss der Erreger gar die gesamte Bundesrepublik diagonal überquert haben. Muss? Müsste? Nur wie? Geflogen?“

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Diagonal die Bundesrepublik überquert? Was damit gemeint ist, sieht man sehr deutlich, wenn man die von Spiegel Online zur Verfügung gestellte Karte betrachtet. Ich habe mir erlaubt, die Diagonale in Form einer schwarzen Linie hinzuzufügen. Ich komme gleich auf die Diagonale zurück.

Zuvor wollte ich Ihre Aufmerksamkeit aber noch auf den oberen Teil dieses Flickenteppichs lenken, auf jenes Gebiet, in dem die Vogelgrippe zuerst „ausbrach“. Wie ich bereits berichtet hatte, trat das H5N1-Virus ausgerechnet in unmittelbarer Nachbarschaft des Friedrich Loeffler-Instituts für Tiergesundheit auf. Das ist jenes Institut, das in Sachen Vogelgrippe praktisch die „Ermittlungshoheit“ besitzt. Das Institut ist der einzige Ort, an dem das Virus in der Gegend nachweislich seit Monaten vorhanden war. Wenn man sich die nebenstehende Karte jedoch genauer ansieht, stellt man fest, daß der Begriff „Nachbarschaft“ diesen erstaunlichen Zufall noch nicht ausreichend beschreibt. Vielmehr liegt das Friedrich Loeffler-Institut exakt im Zentrum jener drei Landkreise, in denen das H5N1-Virus in Deutschland zuerst nachgewiesen wurde. Und nicht nur das: Es liegt auch im Zentrum der am stärksten betroffenen Landkreise in Deutschland. Bis heute wurden in diesen drei Landkreisen weit über 100 H5N1-Tiere gefunden. Sagt jedenfalls das Friedrich Loeffler-Institut. Dazu den folgenden Kartenausschnitt.

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Daß es da also „viele Einzelfälle“ gebe, aber man „kein Zentrum“ und „kein Muster“ sehen könne, wie Spiegel Online den Ornithologen Lenten zitiert, kann man nicht ganz nachvollziehen. Hier scheiden sich denn auch die Geister. Man sieht sowohl ein Zentrum, als auch ein Muster, und dieses Zentrum ist rein optisch das Friedrich Loeffler-Institut. Ob es auch wirklich der epidemiologische Ausgangspunkt der Seuche war, wird noch zu klären sein. Thomas Mettenleiter, Chef des Friedrich Loeffler-Instituts, sagt laut Spiegel Online, „dass ‚Puzzlesteine‘ darauf hindeuten, der Erreger könne sich ’stafettenartig‘ ins Bundesgebiet bewegt haben.“ Vielleicht auch stafettenartig durch das Bundesgebiet? Etwa so, wie auf folgender Karte? Diese Karte zeigt die Zweigstellen des Friedrich Loeffler-Instituts in Deutschland. Wie man sieht, ergeben sie ziemlich exakt jene Diagonale, auf der sich die Vogelgrippe durch Deutschland bewegt haben muß. Beziehungsweise jene Diagonale, die die bis jetzt infizierten Gebiete verbindet.